Klimafreundliche Lok


In der Studie sH2unter@ports werden die Leistungsanforderungen an Rangierloks in den Hafengebieten genau geprüft. Eine herkömmliche Diesellok G1000 wurde mit Mess-Sensorik ausgestattet, um die genaue Kraftauslastung zu untersuchen. Wie viel Power die Lok braucht, ergibt sich u.a. aus dem Gesamtgewicht der angehängten Lasten, der Beschleunigung im Betrieb und dem Profil des Streckennetzes in den Häfen, denn die Anfahrtsenergie steigt schon bei kleinen Anhöhen auf ein Vielfaches. Zudem spielt die Art des Einsatzes eine wichtige Rolle, da der Betriebsablauf nicht durch lange oder häufige Tankvorgänge gestört werden darf. Deswegen wird auch ermittelt, wie viel Strecke die Lok macht und wie die Fahrten- und Pausenzeiten verlaufen.

Das Profil der Fahrten hat einen Einfluss darauf, wie eine zukünftige Wasserstoff-Lok konzipiert wird. Loks, die fast ausschließlich im Rangierbetrieb zum Einsatz kommen, haben andere Anforderungen an die Betankung und Tankgröße beispielsweise, als es bei Streckenlokomotiven der Fall wäre. Wegen der hohen Bedarfsmenge an Wasserstoff im Streckenbetrieb stehen dort andere Lösungen im Vordergrund.

Die Testfahrten im Bremerhavener Überseehafen sind bereits erfolgreich abgeschlossen. Aktuell ist die Test-Lok im Hamburger Hafen im Einsatz. Mit den Ergebnissen planen die Projektpartner die effizienteste Lösung für die Umstellung auf Wasserstoff zu ermitteln und eine Aussage darüber zu treffen, ob die Lok ein Neubau sein sollte, mit Brennstoffzellentechnologie ausgerüstet wird oder mit zur Verbrennung von Wasserstoff umgerüstetem Dieselmotor. Dazu wird eine ökonomisch- ökologische Gesamtbilanz aufgestellt.

Warum Wasserstoff?

Wasserstoff kann als Energieträger genutzt werden, der elektrische Energie in umgewandelter Form speichern kann. Zukünftig werden voraussichtlich Stromüberschüsse aus Erneuerbaren Energien an die Produktion von Wasserstoff gekoppelt, damit der steigenden Nachfrage in Zukunft nachgekommen werden kann. Durch Elektrolyse wird Wasser in seine Bestandteile gespalten, Sauerstoff und Wasserstoff.

Wasserstoff kann unter Druck, gasförmig, tiefgekühlt oder verflüssigt gespeichert werden. Zudem kann der Wasserstoff weiterverarbeitet werden zur Synthese von klimaneutralen Treibstoffen. Das sind Molekülketten aus verschiedenen Kohlenwasserstoffen. Wenn es gelingt, die Produktionsenergie dafür ebenfalls ohne Emissionen von Treibhausgasen bereitzustellen, sind diese synthetischen Kraftstoffe klimaneutral. Wasserstoff kann in zahlreichen Kombinationen variiert und eingesetzt werden, zur Betankung von Rangierloks, aber auch von Schiffen, Kränen, Carriern, LKWs usw. Der Einsatz von Wasserstoff ist somit im Hafenkontext durch diese Flexibilität vorteilhaft.


Auch für den Wasserstoffbetrieb von Rangierloks gibt es mehrere Möglichkeiten:
1. Umrüstung einer Bestandslok

Rangierloks sind leistungsstarke Loks, die für eine lange Nutzungsdauer gebaut werden. So beträgt das Durchschnittsalter der Bestandsloks in Deutschland über 40 Jahre. Der Bestand der Loks wurde vor 10 Jahren teils aufgestockt. Diese Loks haben mindestens 30 Jahre Lebensdauer vor sich, sind jedoch mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren ausgestattet (Pagenkopf et al., 2022). Mit dem Anspruch auf Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz müssen Alternativen zum Neubau gefunden werden, da ein kompletter Austausch der bestehenden „Flotte“aktuell weder ökonomisch noch ökologisch ist. Deswegen ist ein besonderes Forschungsinteresse des sH2unter@ports Projektes, die Umrüstung von Dieselloks auf wasserstoffbasierte Antriebe zu untersuchen.


Wenn die Karosserie der Lok erhalten wird, gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Antrieb umzurüsten.
Umrüstung der Lok auf Brennstoffzelle: Je nach Strecken- und Anforderungsprofil kann eine Lok auf ein Brennstoffzellen-System umgestellt werden. Dabei erzeugt die Brennstoffzelle bei der Verbrennung des Wasserstoffs Strom, der für den Antrieb der Lok verwendet wird. Gleichzeitig speichert eine Zwischenbatterie Strom, um Leistungsspitzen abzufangen. Der Umbau ist sehr umfangreich.
In einer Vorstudie im Duisburger Hafen konnten derart umgerüstete Loks im reinen Rangierbetrieb eingesetzt werden, bei Misch- und Streckenfahrten war der Betriebsablauf allerdings durch häufige Tankintervalle beeinflusst (Konrad et al., 2022).
Umrüstung auf hybride Antriebe: Hybride Antriebe sind bei Loks noch vielfältiger als bei PKWs. Denn Loks können Mischantriebe auch mit Oberleitungen haben, die gleichzeitig in eine Batterie einspeisen. Strecken ohne Oberleitungen können so theoretisch abgefangen werden. Diese Antriebsformen bedürfen noch der weiteren Erprobung, damit die genauen Anforderungen an die Lok im Einsatz evaluiert werden können.
Aber auch dieselelektrische Loks können auf Wasserstoff umgerüstet werden. Die Loks fahren bisher mit einem Elektromotor, der den Strom durch einen Dieselgenerator bezieht. Wird dieser auf grünen Wasserstoff umgestellt, fahren die Loks klimaneutral. Der Projektpartner Alstom präsentierte bereits 2022 einen Prototyp.

2. Der Neubau von Loks

Langfristig muss es Konzepte für den Neubau von klimaneutralen, effizienten Rangierloks geben. Bei einer Neuplanung ist die Brennstoffzelle die zukunftsweisende Innovation, denn die Antriebe haben nur geringe Energieverluste und sind wirksamer als Verbrennungsmotoren.
Der Hersteller Alstom entwickelt u.a. mit Fördergeldern aus dem Hy2Tech-Fonds auf Basis der TRAXX SHUNTER Plattform
eine 4-achsige wasserstoffbetriebene Rangierlokomotive mit Brennstoffzellenantrieb, welche ab ca. 2027 für den schweren Rangierbetrieb in Häfen und Industrieanlagen in Europa eingesetzt werden kann. Sollten hierzu Fragen bestehen, wenden Sie sich bitte an Herrn Jörg Schulze von Alstom.

3. Umstellung auf alternative Kraftstoffe

Treibstoffe können chemisch hergestellt, also synthetisiert werden. Die Verbindungen aus Kohlenstoff und Wasserstoff können in vielen Varianten zusammengesetzt werden, so gibt es bereits synthetischen Diesel oder synthetisches Methanol. Diese Stoffe sind allerdings nur dann klimaneutral, wenn die Produktions- und Lieferketten frei von Treibhausgasemissionen sind. Die bisher noch energieaufwendigen und wenig effizienten Herstellungsverfahren könnten in der Zukunft zum Meilenstein werden, für die Schifffahrt und den landseitigen Schwerlasttransport.
Im Bremerhavener Überseehafen wird bereits eine andere Alternative verwendet, seit März 2023 werden die Loks mit hydriertem Pflanzenöl betankt (Hydrogenated Vegetable Oils, kurz HVO). Bei der Verbrennung von HVO wird CO2 freigesetzt, das zuvor von den Pflanzen aus der Atmosphäre aufgenommen wurde. Deswegen gilt sie als klimaneutral. Der Einsatz der HVOs stellt eine kurzfristige Lösung dar.Ein Vorteil ist die schnelle Einsetzbarkeit, denn die Motoren müssen nicht umgerüstet werden. Ein dauerhafter und flächendeckender Einsatz ist aufgrund des hohen Ressourcen- und Flächenbedarfs zur Bereitstellung dieses “Biodiesels” jedoch fraglich.

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